Mit Holz unter Strom

19. Dezember 2016

Die Schwazer Firma SYNCRAFT® entwickelt und baut Holzkraftwerke. Die sind dank neuartiger Technologie nicht nur deutlich effizienter und sparsamer als frühere Systeme, sie arbeiten mit Holz auch CO2-neutral. Übrig bleiben am Ende: Strom, Wärme und hochwertige Pflanzenkohle.

Die Idee, aus Holz Energie zu erzeugen ist uralt. Der Gedanke, aus einem scheinbar bereits zu Ende gedachten Verfahren etwas Neues zu schaffen, kam der Innsbrucker Verfahrenstechniker Marcel Huber im Rahmen seiner Diplomarbeit am MCI im Jahr 2002: Sein gewähltes Thema war „Verstromung fester Biomasse“.

Holzgas als Treibstoff
„Holz nimmt in der Wachstumsphase genau jenes CO2 auf, das es später bei seiner Verarbeitung maximal wieder emittieren kann. Wird Holz zur Energiegewinnung verbrannt, verhält es sich CO2-neutral und trägt nicht zum Klimawandel bei. In dieser Eigenschaft ist Holz mit Photovoltaik und Windkraftwerken vergleichbar.“ bringt Marcel Huber eines der Argumente auf den Punkt, das ihn schon damals so sehr für diesen Energieträger einnahm. Seine Abschluss-Arbeit führte Marcel Huber zu den damals noch nicht an GE verkauften Jenbacher Werken. Dort wurden Gasmotoren zur Energieerzeugung hergestellt. Es gab in Jenbach allerdings auch schon ein deutliches Bewusstsein dafür, dass sich Motorenhersteller im Zeitalter zur Neige gehender fossiler Brennstoffe neuen Herausforderungen stellen müssen, um zukunftsfähig zu sein. Die von Jenbacher-Entwicklungsleiter Günther Herdin damals angedachte Lösung war die Entwicklung von Aggregaten, die auch mit Sondergasen funktionieren. Holzgas, das aus Holz, Holzabfällen und holzartigen Brennstoffen gewonnen wird, gehört zu diesen Sondergasen. Die Idee, mit solchen Motoren und daran angeschlossenen Generatoren Holz als erneuerbare Energiequelle zu einer Grundlage zukünftiger Energiekonzepte zu machen, faszinierte Marcel Huber. Die Beweggründe der Jenbacher Werke wurden so zur Initialzündung, die Hubers weiteren beruflichen Weg maßgeblich beeinflussen sollte.


Kleine Größe als Vorteil
Der führte den frischgebackenen Verfahrenstechniker zunächst an das Innsbrucker MCI, wo er ab 2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter wurde und wenig später erste Forschungsprojekte im Bereich Erneuerbare Energien übernehmen konnte. Grundlage seiner Forschungstätigkeit war es, Holz über neuartige Biomassen-Kraftwerke nicht nur zur Wärmegewinnung, sondern gleichzeitig auch zur Stromgewinnung zu nutzen. Technische Vorbilder, die man kopieren konnte, gab es kaum: Kalorische Kraftwerke, die über Verbrennung Wasser erhitzen und mit dem Wasserdampf über Turbinen und daran angeschlossene Generatoren Energie erzeugen, sind obligatorisch großdimensioniert. Der Grund: Nur mit großen Turbinen lassen sich bei der Stromproduktion vertretbare Wirkungsgrade erzielen. Dennoch werden bei diesem System rund 70 Prozent der ursprünglichen Energie in Wärme umgewandelt, die sich dann oft nur schwer in der Region sinnvoll nutzen lässt. Die anfallenden großen Wärmemengen lassen sich leider auch nicht über weite Strecken transportieren und können so nur wenige Abnehmer erreichen.

Die von Marcel Huber damals angedachten und inzwischen gebauten Holzkraftwerke sollten diesen Nachteil beheben und mussten daher kleiner sein, um nicht so große Wärmemengen zu produzieren. Auch aus einem anderen Grund durften diese Kraftwerke nicht groß gebaut werden: Holz ist als nachwachsende Biomasse nahezu ideal über ganz Österreich verteilt und besitzt kein punktuell großes Vorkommen. Holz an einem zentralen Kraftwerkspunkt zusammenzuführen um ein großes Kraftwerk zu speisen macht aber weder ökonomisch, noch ökologisch Sinn. Es galt also, ein ganz neues Kraftwerk zu entwickeln, das dezentral eingesetzt werden kann und in seiner Größe den lokal vorhandenen Ressourcen entspricht. Marcel Huber: „In unserem Lastenheft stand zudem, dass die Generatoren mit einem durch biogenes Holzgas angetriebenen Gasmotor gekoppelt werden sollen. So wollten wir Wirkungsgrad-Verlusten durch Wasserdampf und Turbinen entgegenwirken. Zudem sollte unser System in der Lage sein, die beim kleinen Kraftwerk anfallenden geringeren Wärmemengen direkt in nahes Fernwärmenetz einzuspeisen.“ Das Hauptproblem, das Huber und sein MCI-Forschungsteam in weiterer Folge beschäftigte, war das Gestalten eines effizienten Verbrennungsvorgangs, der den systembedingten Nachteil geringerer Wirkungsgrade bei der Stromgewinnung kleinen Kraftwerke zusätzlich wettmacht.


92 Prozent Gesamt-Wirkungsgrad
Der Wirkungsgrad eines SYNCRAFT®Werks liegt elektrisch bei rund 30 Prozent und zieht damit mit großen Kraftwerken gleich. Der Gesamtwirkungsgrade des SYNCRAFT®-Systems liegt bei 92 Prozent, da die anfallende Abwärme in ein Nahwärmenetz eingespeist werden kann. Das momentan größte SYNCRAFT®Werk kann leistungsmäßig rund 500 Haushalte mit Strom versorgen, das kleinste arbeitet in der Größenordnung von 200 Haushalte. Ein SYNCRAFT®Werk amortisiert sich nach fünf bis zehn Jahren je nach Wertigkeit der produzierten Wärme. In Südtirol und Vorarlberg wurden von der Firma mit Sitz in Schwaz bereits zwei Kraftwerke ans Netz gebracht, 2016 folgen zwei weitere, je eines in Innsbruck und in der Steiermark. Marcel Huber: „Energie und Wärme aus Holzkraftwerken können alleine dennoch niemals den Wegfall fossiler Brennstoffe kompensieren. Wir sehen unser System als Ergänzung zur Wärmepumpe, Wasserkraft und zur Photovoltaik. Es muss jede technische Möglichkeit genutzt werden. Unser System hat den Vorteil, dass wir Witterungs- und saisonsunabhängig agieren können und deshalb bestens für die Strom- und Wärme-Grundlast-Versorgung zum Beispiel einer Gemeinde geeignet sind.“
Eine weitere SYNCRAFT-Idee ist bereits in Entwicklung, um dieser Aufgabenstellung noch besser entsprechen zu können: Ein kommerzielles System zu entwickeln, das alle biogenen Reststoffe einer Gemeinde, zum Beispiel Altholz, Klärschlamm oder agrarische Reststoffe wie Stroh, zu Strom und Wärme verarbeiten kann.

Autor: Klaus Erler, 12/2016 in "Innovation in Tirol"